Wie funktioniert eine Kläranlage
Wie funktioniert unsere Kläranlage
In der Kläranlage Borsdorf wird das Abwasser gründlich gereinigt, sodass es ausreichend sauber in die Parthe abfließen kann.
Durch rund 316 km Schmutz- und Mischwasserleitungen erreichen täglich durchschnittlich 6.500 Kubikmeter Abwasser aus dem gesamten Verbandsgebiet die Kläranlage des AZV Parthe. Bei Regenwetter können es deutlich mehr sein, bis 1.480 Kubikmeter pro Stunde können über die Anlage abgeleitet werden.
Teil 1: Zulaufpumpwerk
Alles zufließende Abwasser sammelt sich zuerst im Zulaufpumpwerk.
Oberirdisch tarnt sich das Pumpwerk als kleines und unscheinbares Gebäude. Der wahre Ort des Geschehens liegt 8,70 Meter unter der Erde. Der unterirdische Standort resultiert aus der Lage der Hauptsammler, die das Abwasser im freien Gefälle heranführen. Die riesigen Kanäle mit einem Durchmesser von bis zu 1,20 Meter enden in 7,60 Meter Tiefe vor dem Pumpwerk.
Im Pumpwerk dröhnt es Tag und Nacht. In dem hallenähnlichen Raum sind fünf Pumpen in sogenannter Trockenaufstellung aufgereiht. Jede von ihnen kann 370 Kubikmeter Abwasser pro Stunde aufwärts zur Kläranlage befördern. Je nach Abwasseranfall arbeiten bis zu vier Pumpen gleichzeitig, die fünfte Pumpe dient als Ersatz.
Dieser Puffer ist dringend notwendig. Denn die enormen Leistungen unter allerhand Widrigkeiten führen zu Verschleiß und Störungen. Hauptfeind der Pumpen sind Feststoffe im Abwasser, wie zum Beispiel Feuchttücher. Besonders groß ist die Gefahr nach langen Trockenperioden. Setzt plötzlich starker Regen ein, werden besonders viele Feststoffe in die Pumpen gespült. Wird die Menge zu groß, verstopfen die Pumpen. Mittels Fernüberwachung werden solche Störungen umgehend gemeldet. Das Betriebspersonal kann kurzfristig reagieren, auch außerhalb der Betriebszeiten.
Das hinauf gepumpte Abwasser gelangt in das Zulaufgerinne der Kläranlage. Von hier aus durchläuft es im freien Gefälle alle Reinigungsstufen, bis es am Ende sauber zur Parthe fließt.
Teil 2: Rechenhaus und Sandfänge
Nach Passage des Zulaufpumpwerkes durchfließt das Abwasser im freien Gefälle zuerst die Rechenanlage und die Sand- / Fettfänge.
Im Rechenhaus laufen zwei sogenannte Harken- Umlaufrechen parallel. Der Rechen ist die erste Stufe der mechanischen Reinigung und für Manchen wohl der „ekligste“ Teil des Prozesses. Hier kommt (fast) alles an´s Licht! Mit Rechen, deren Stäbe nur 6 mm Stabweite aufweisen, werden Fasern, Plastikbestandteile, Haare, Sanitärartikel und sonstige grobe Verschmutzungen gefangen und aus dem Abwasser entnommen. Über umlaufende „Harken“ werden die am Rechen abgelagerten Feststoffe aus dem Abwasserstrom entnommen.
Dieses sogenannte Rechengut wird im Rechengutwäscher gespült, etwas komprimiert und dann nach Zwischenlagerung im Container - im Laufe einer Woche füllt sich durchschnittlich ein Container damit - zur Deponie gebracht.
Nachdem die Grobstoffe aus dem Abwasser weitgehend entfernt sind, durchfließt das Abwasser – wieder unter freiem Himmel - die beiden Sand- und Fettfänge. Wie der Name schon sagt, setzt sich hier der mitgeführte Sand ab. Der Sand wird aus dem Sandfang abgesaugt, in einen Sandwäscher gefördert, dort von organischen Bestandteilen befreit und anschließend ebenfalls nach Zwischenlagerung in einem Container zur Deponie gebracht. Aus hygienischen Gründen ist der Sand leider nicht zur Weiterverwertung geeignet.
Belüfterelemente im Sandfang sorgen für die Durchmischung des Abwassers und Belüftung des darin enthaltenen Fettes. Dieses wird am Ende des Fließweges im Fettfangbereich gesammelt und abgetrennt. Das energiereiche Fett wird im weiteren Prozess verwertet – Näheres dazu unter dem Menüpunkt „Faulung“.
Teil 3: Vorklärung und Schlammeindicker
Nach Passage des Zulaufpumpwerkes und der Rechenanlage sowie der Sand- / Fettfänge wird das Abwasser in der sogenannten Vorklärung von feinen festen Bestandteilen gereinigt.
Die geschieht nicht etwa durch Filter oder ähnliche mechanische Einbauten, sondern hier hilft ganz einfach die Natur nach. Die Fließgeschwindigkeit des Abwassers wird in den beiden 34 m langen und 5 m breiten Becken so verlangsamt, dass sich durch die Einwirkung der Schwerkraft feine Sand- und Feststoffbestandteile absetzen können. Leichte Schwimmstoffe schwimmen nach oben.
Auf jedem Becken ist ein Räumerwagen installiert. Dieser läuft gegen die Strömung und schiebt den Schlamm vom Ende des Beckens in den im Zulaufbereich angeordneten Schlammfangtrichter. Von dort wird der Schlamm abgepumpt und in den Voreindicker eingebracht.
Dieser biologisch noch sehr aktive Schlamm wird dann dem Faulprozess zugesetzt, im Faulturm wird unter Ausnutzung biologischer Vorgänge Klärgas erzeugt.
Das so von Feststoffen befreite Abwasser wird dann der biologischen Reinigungsstufe zugeführt.
Teil 4: Belebungsbecken und Nachklärung
Nach Passage des Zulaufpumpwerkes, der Rechenanlage, der Sand-/ Fettfänge und der Vorklärung erreicht das Abwasser das Herzstück der Abwasserreinigungsanlage, die biologische Reinigungsstufe.
Millionen von Bakterien stürzen sich auf die gelösten Inhaltsstoffe und „fressen“ sich dick und rund. „Vollgefressen“ und schwerer geworden treiben sie mit dem Abwasserstrom in die Nachklärung und setzen sich dort zu Boden. Sie bilden den sogenannten Belebtschlamm, der entweder zurück in die Belebungsbecken geführt oder aus dem Prozess abgezogen und weiter verwertet wird.
Die biologische Stufe der Abwasserreinigung bildet im Wesentlichen natürliche Prozesse nach. Die eigentliche Arbeit verrichten unserer kleinsten Mitarbeiter - die Bakterien. Sie zerlegen die biologischen Bestandteile des Abwassers quasi in ihre Elemente, sodass die vorhandenen Bindungen gelöst werden und die für das Gewässer schädlichen Inhaltsstoffe oder zu hohen biologischen Belastungen gemindert werden. Kohlenstoff-, Stickstoff- und Phosphorverbindungen werden so umgewandelt und „unschädlich“ gemacht. Der Mensch hat nur eins zu tun - ihre Lebensbedingungen so zu verbessern, dass sie diese Aufgabe auch in ausreichendem Umfang erfüllen können. Durch geschickte Betriebsführung der Belebung - insbesondere der Belüftung und des Schlammregimes – werden mal die einen und mal die anderen Bakterien begünstigt und so der Prozess des Abbaus der Stickstoffverbindungen gefördert. Nur bei der Reduzierung der Phosphorverbindungen muss der Mensch nachhelfen - der vollständig biologische Phosphat-Abbau verlangt ideale Bedingungen, die auf der Kläranlage in der Regel selten erreichbar sind. Die Phosphate werden daher chemisch mit Eisen-II-Chlorid gefällt.
In den zwei Nachklärbecken setzt sich dann der Schlamm ab. Das gereinigte Abwasser verlässt nun die Kläranlage und wird – streng überwacht - in die Parthe eingeleitet. Der Schlamm verbleibt im Klärprozess, wird entweder in die Belebungsbecken zurückgeführt oder wird anderweitig nützlich verwertet – dazu mehr im nächsten Teil.
Teil 5: Schlammverwertung/ Faulgasproduktion
Schon in der ersten Reinigungsstufe, der mechanischen Reinigung, fallen Sand, Rechengut und Schlamm an. Sand und Rechengut werden gesammelt und entsorgt, der Schlamm wird gemeinsam mit dem aus der biologischen Reinigungsstufe anfallenden überschüssigen Belebtschlamm im Faulturm weiter behandelt.
Dazu wird der Schlamm entwässert und in den Faulturm gepumpt. Unter Zuführung von Wärme, die in den beiden Blockheizkraftwerken erzeugt wird (siehe oben) werden Bakterien aktiv, die die biologischen Inhaltsstoffe des Schlammes im Wesentlichen zu einem methanhaltigen Gasgemisch verarbeiten – nach dem gleichen Prinzip wie in einer Biogasanlage. Das Gasgemisch wird dann in den Blockheizkraftwerken verbrannt. Die dabei entstehende Wärme wird wieder dem Prozess zugeführt und dient außerdem der Beheizung der Betriebsgebäude sowie der Warmwassererzeugung. Ganz „nebenbei“ produzieren die Blockheizkraftwerke elektrische Energie, welche im Wesentlichen auf der Kläranlage selbst verbraucht wird.
Der nach rund 20 Tagen ausgefaulte Schlamm wird schließlich gesammelt, bis zur Stichfestigkeit entwässert und dann zur Entsorgung gebracht. Die Schlammqualität entspricht den Werten der Klärschlammverordnung, so dass der Schlamm bisher landwirtschaftlich verwertet werden kann. Die in ihm enthaltenen Phosphor – und Stickstoffanteile stellen einen wertvollen Rohstoff dar, der ideal zur Düngung geeignet ist. Leider werden die Grenzwerte für das Verbringen der Klärschlämme in der Landwirtschaft weiter verschärft, so dass dieser wertvolle Rohstoff zukünftig verbrannt werden muss.
Teil 6: BHKW - wir machen aus Fäkalien Strom!
In eine Kläranlage wird viel Energie hineingetragen. Insbesondere die Stoffwechselprodukte des Menschen, aber auch Fette und andere biologische Bestandteile sind Energieträger. In der Abwasseraufbereitungstechnik wird schon seit den 1930er- Jahren versucht, diese Energie zu nutzen. Aber wie?
Mikroben setzen unter Sauerstoffabschluss und entsprechender Umgebungstemperatur (ca. 37° C) methanhaltiges Gas frei. Sie tun das im Verdauungssystem der Säugetiere, aber auch unter künstlichen Bedingungen, nämlich bei der sogenannten Schlammfaulung. Diesen Vorgang macht sich die Schlammaufbereitung in der Abwasserbehandlung zu Nutze. Während das Verfahren der geschlossenen Faulung, Gasgewinnung und – verstromung früher großen Kläranlagen vorbehalten war, macht es die moderne Technik möglich, es nun auch bei kleineren Anlagen einzusetzen.
Das vorhandene Klärgas aus der Schlammfaulung wird komplett verstromt. Ist das Klärgas aufgebraucht und wird trotzdem noch weiter Wärme für den Prozess benötigt, können die BHKW auch Erdgas verarbeiten. Neben der Wärmeproduktion wird vor allem elektrische Energie erzeugt, der AZV deckt durchschnittlich rund 87% seines Bedarfs an Elektroenergie aus eigener Produktion.